22.11.2022  Von   Zalvus

Mit gezielten Einstellungen in Krisenzeiten profitieren

Corona, Klima, Energie – die Liste von Krisen, mit denen wir tagtäglich konfrontiert werden, wächst stetig. Als Reaktion darauf entscheiden sich immer mehr Unternehmen für umfassende Einstellungsstopps.

Doch statt übereilte Entscheidungen zu treffen, lohnt es sich, einmal innezuhalten und einen Blick in die Zukunft zu wagen – denn Krise bedeutet, jetzt an das Später zu denken.


Krisen sind nicht nur Tiefpunkte. Sie sind auch Startschuss für Zeiten des Wandels und agieren als Beschleuniger bestehender Trends. Corona hat gezeigt, wie viel Bewegung Krisen in bestehende Systeme bringen. Immerhin würden wir heute nicht so viel und ausführlich über Remote und Hybrid Work sprechen, hätte es die Pandemie nicht gegeben.


Das, was wir derzeit auf dem Arbeitsmarkt sehen, ist ganz vergleichbar zu dem, was wir bereits zu Beginn von Corona beobachten konnten. Aus diesem Grund sind wir davon überzeugt, dass das, was Corona ausgelöst hat, auch auf die derzeitigen Krisen folgen wird: Umfassende Transformationen, die branchenübergreifend und nachhaltig das bisher Dagewesene verändern.


Einstellungsstopps senken die Produktivität


„Do or die“ - Wer sich in Zeiten des allgemeinen Aufbruchs nicht anpasst, bleibt liegen. Um erfolgreich mitzuhalten und notwendige Transformationen umzusetzen, sind Unternehmen auf qualifiziertes Fachpersonal angewiesen. Wer dabei nur auf die bestehende Mannschaft vertraut, setzt sich einem Risiko aus.


Unternehmen verlieren im Verlaufe von Krisen an Produktivität. Dies liegt einerseits an den erhöhten Kündigungsquoten, andererseits aber auch an den unzufriedenen Mitarbeiter/innen, die demotiviert und mit weniger Commitment nachweislich weniger Leistung erbringen. Um die Wertschöpfung eines Unternehmens bis zum Ende der Krisen stabil zu halten, müssen Vakanzen mindestens nachbesetzt werden. Unternehmen, die dies nicht tun, fahren nach und nach ihre Produktivität herunter. In diesem Umfeld bleibt für umfassende Transformationsprojekte abseits vom Tagesgeschäft keine Zeit.


Aus den Corona-Erfahrungen lernen


Schon zu Beginn der Corona-Pandemie haben wir uns gemeinsam mit Fabian Kienbaum mit den langfristigen Auswirkungen von Krisen auf den HR-Markt beschäftigt. Das Fazit unseres damaligen Artikels: Wer in Krisen handelt, gewinnt langfristig.


Heute sehen wir, dass wir mit dieser Vermutung recht hatten. Während viele Unternehmen zum Corona-Start ähnlich wie heute auf Einstellungsstopps gesetzt haben, haben Strategie- und Unternehmensberatungen den Recruiting-Hahn voll aufgedreht. Sie konnten in den ersten Corona-Monaten die Fach- und Führungskräfte für sich gewinnen, die Transformationen erst möglich machen. Wer heute Strateg/innen, Data Spezialist/innen oder Business Intelligence Expert/innen sucht, muss entweder tief in die Taschen greifen, um die Fachkräfte abzuwerben oder sich das nötige Knowhow von extern dazukaufen. Und zwar genau von den Strategie- und Unternehmensberatungen, die schon vor Monaten gehandelt und sich die raren Fachkräfte gesichert haben.


Die gleiche Entwicklung steht uns auch jetzt bevor. Klassisches BWL 1 x 1: Das Angebot an qualifizierten Fachkräften, die die zukünftigen Transformationsaufgaben stemmen könnten, wird durch die Krisen nicht steigen. Die Nachfrage nach ihnen hingegen schon. Wer sich die Fachkräfte sichern möchte, sollte somit frühzeitig damit beginnen. Doch welche Fachkräfte sind das?


Die richtige Strategie für Ihr Unternehmen finden


Nicht jedes Unternehmen braucht die gleichen Fach- und Führungskräfte für seine Transformation. Jetzt übereilt Personen einzustellen, ist also genauso wenig die Lösung wie undifferenzierte Einstellungsstopps zu verhängen.


Identifizieren Sie stattdessen die Fachkräfte, die Sie zur Sicherung Ihrer Produktivität und zur Weiterentwicklung Ihres Unternehmens benötigen. Stellen Sie sich oder Ihren Personalentscheider/innen dafür die folgenden Fragen:


1. Welche Bereiche unseres Unternehmens stehen unter der stärksten Be- und Auslastung?


Gibt es Abteilungen Ihres Unternehmens, die ihre Workload selbst bei voller Personalstärke kaum abarbeiten können? Dann ist es dringend Zeit, aufzustocken, um sowohl gegen kurzfristige Ausfälle durch Krankheit als auch gegen langfristige Ausfälle durch Kündigungen abgesichert zu sein.


Dafür muss nicht zwingend die belastete Abteilung selbst gestärkt werden. Identifizieren Sie interne Wirkungsmechanismen, um herauszufinden, welche Bemühungen andere Abteilungen erbringen können, um belastete Abteilungen zu unterstützen. Erzielt Ihr Unternehmen beispielsweise zu wenig Absatz, können Sie statt auf Vertriebler/innen auch auf Marketing-Spezialist/innen setzen, um die Verkaufszahlen zu erhöhen.


2. Auf welche Schlüsselpersonen unseres Unternehmens können wir nicht verzichten?


Prüfen Sie Ihre interne Struktur, um herauszuarbeiten, ob Fähigkeiten, Kenntnisse oder unternehmensinternes Wissen strategisch innerhalb des Unternehmens verteilt sind oder ob Abhängigkeiten von Personen bestehen. Identifizieren Sie die Schlüsselpersonen, auf die das Unternehmen nicht verzichten kann. 


Reduzieren Sie die Abhängigkeiten von diesen Personen, indem sie ihre Rollen und Aufgaben neu verteilen. Setzen Sie nicht auf die eierlegende Wollmilchsau, sondern teilen Sie die Aufgaben stattdessen auf unterschiedliche Personen auf. Schulen Sie Ihre Führungskräfte zudem darin, unzufriedene Mitarbeitende zu erkennen und befähigen Sie sie, Maßnahmen zu ergreifen, um Kündigungen entgegenzuwirken. Dabei können Coaches und Personalentwickler/innen unterstützen.


3. Welche Bereiche unseres Unternehmens hängen von externen Faktoren ab?


Die Energiekrise führt uns eindrucksvoll vor Augen, wie schnell uns externe Abhängigkeiten zum Verhängnis werden können. Um sich zukunftssicher aufzustellen, müssen Unternehmen ihre Abhängigkeiten von nicht beeinflussbaren Faktoren reduzieren.


Dafür benötigen Sie Personen, die Entscheidungen treffen und neue Liefer- und Produktionsketten identifizieren können. Neben Business Analytist/innen kommen verstärkt Personen wie Einkäufer/innen und Logistikexpert/innen zum Einsatz.


4. Welche Bereiche unseres Unternehmens können durch Automatisierungen Kosten einsparen?


Automatisierungen steigern die Produktionseffizienz und tragen somit langfristig zu geringeren Kosten und/oder einem höheren Output bei. Ist eine Automatisierung möglich, ist anzunehmen, dass sie eingeführt wird - wenn nicht von Ihnen, dann von einem Ihrer Marktbegleiter. Bei einer geglückten Automatisierung hat das Unternehmen, das beginnt, die Nase vorn. Es kann sich das erforderliche Personal sichern und schneller als alle anderen Unternehmen die Effizienz steigern. Unternehmen, die folgen, sind in der schlechteren Position, da sie länger zu ineffizienten Bedingungen produzieren.


Sind Ihnen Automatisierungsmöglichkeiten bekannt, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um sie umzusetzen. Da die Konzeption und Etablierung von Automatisierungsprozessen Knowhow erfordern und Veränderungen innerhalb der Belegschaft mit sich bringen, sollten Sie Ihre Augen gezielt nach Führungskräften offenhalten, die Erfahrung in der Umsetzung von Transformationsprojekten mitbringen.


5. Welche grundlegenden Änderungen am Geschäftsmodell müssen langfristig erfolgen?


Ob eine Umstellung auf erneuerbare Energien, Standortschließungen oder die Verlagerung der Produktion ins Ausland - gibt es Personen in Ihrem Unternehmen, die umfassende Transformationsprozesse anleiten und umsetzen können? Prüfen Sie, ob diese Personen alle erforderlichen Kapazitäten haben, um die Projekte umsetzen zu können, sobald es notwendig ist.


Stellen Sie bereits heute sicher, dass alle derzeitigen Aufgaben nahtlos von anderen Mitarbeiter/innen aufgefangen werden können. Unterstützung finden Sie dabei durch Organisationsentwickler/innen und Manager/innen mit Erfahrung im Bereich Task Management.


Wer jetzt investiert, spart langfristig


Unternehmen, die heute in das Personal investieren, das sie morgen benötigen, können die erforderliche Workforce für ihre zukünftigen Transformationsprojekte aufbauen. Sie profitieren zusätzlich von geringen Recruiting-Kosten.


Je begehrter die Fachkraft, desto teurer ist es, sie für sich zu gewinnen. Hart umkämpftes Fachpersonal hat den Luxus, die Pros und Contras eines Jobs penibel gegeneinander abzuwägen. Sie zu überzeugen, erfordert mehr Ressourcen – sowohl in Form von Marketingbudget aber auch in Arbeitszeit.


Mutige Unternehmen, die jetzt handeln, sparen somit langfristig Recruiting-Kosten ein und können so als Gewinner/innen aus den Krisen heraustreten.


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